Im geschäftlichen Verkehr wird gelegentlich die Bitte geäußert, eine Rechnung auf einen anderen als den tatsächlichen Leistungsempfänger auszustellen. Die so angepasste Rechnung soll in der Regel dazu dienen, private Ausgaben als betrieblich veranlasst darzustellen. Es empfiehlt sich, einer solchen Bitte nicht nachzukommen. Denn wer Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind, und dadurch eine Steuerverkürzung ermöglicht, handelt ordnungswidrig (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung). Ist der sogenannten doppelte Gehilfenvorsatz nachweisbar, ist auch an eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Rechnungsempfängers zu denken.

Ähnlich formuliert wie die o. a. Norm der Abgabenordnung ist § 8 Abs. 4 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG). Danach handelt ordnungswidrig, wer „einen Beleg ausstellt, der in tatsächlicher Hinsicht nicht richtig ist und das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung vorspiegelt“ und dadurch Schwarzarbeit ermöglicht. Auch hier kann bei entsprechendem Vorsatz eine Strafbarkeit wegen Beihilfe, und zwar zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a des Strafgesetzbuchs (§ 266a StGB, „Schwarzarbeit“), in Betracht kommen.

Denn insbesondere in der Baubranche ist der Verkauf von nicht leistungsunterlegten Scheinrechnungen weit verbreitet. Sogenannte Serviceunternehmen (häufig bloße Briefkastenfirmen) werden teilweise einzig zu dem Zweck gegründet, Rechnungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen auszustellen. Diese Rechnungen werden von tatsächlich am Markt tätigen Unternehmen aus mehreren Gründen gekauft. Zum einen werden die abgerechneten Beträge als Betriebsausgaben gewinnmindernd geltend gemacht. Zum anderen wird über die Rechnungen Schwarzgeld generiert, mit dem Schwarzlöhne gezahlt wird. Denn nach der Bezahlung der Rechnung an das Serviceunternehmen (mittlerweile zumeist per Überweisung) wird der größte Teil des gezahlten Betrages von einem in der Hierarchie des Serviceunternehmens eher tief stehenden Boten bei der kontoführenden Bank in bar abgehoben und dem Rechnungskäufer wieder ausgehändigt.

Zahlt der Rechnungskäufer damit die Schwarzlöhne seiner Beschäftigten, handelt es sich hierbei steuerstrafrechtlich besehen grundsätzlich um Betriebsausgaben (vgl. hierzu die Beschlüsse des BGH vom 05.09.2019 – 1 StR 12/19 und  24.07.2019 – 1 StR 44/19 einerseits und den Beschluss vom 06.08.2020 – 1 StR 198/20 andererseits). Umsatzsteuerlich sind die Rechnungen in der Baubranche aufgrund der Steuerschuldnerschaft des Rechnungsempfängers nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) regelmäßig neutral. Die größten strafrechtlichen Probleme erwachsen hier aus dem Nichtanmelden und Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen. Diese betragen regelmäßig etwa 60 Prozent des Schwarzlohnes und erreichen so schnell ganz erhebliche Höhen.

Steuerstrafverfahren und Allgemeine Rechtsschutzbedingungen (ARB)

Die meisten Rechtsschutzversicherungsverträge umfassen nur einen einfachen Straf-Rechtsschutz, der leider keine Vorsatzdelikte abdeckt. Da die Steuerhinterziehung jedoch nur vorsätzlich begangen werden kann, besteht in diesen Fällen keine Deckung und die Rechtsschutzversicherung wird die Kostenübernahme ablehnen.

Auch die Kosten einer Vertretung im Besteuerungsverfahren zur Unterstützung der Verteidigung im Steuerstrafverfahren werden bei den meisten Rechtsschutzversicherungsverträgen in der Regel erst ab dem finanzgerichtlichen Verfahren und dort auch nur in Höhe gesetzlichen Gebühren übernommen.

Spezial-Straf-Rechtsschutz im Steuerstrafrecht

Anders ist dies bei den von vielen Rechtsschutzversicherungen (etwa von der Ergo, Roland, ARAG, ÖRAG, Württembergische, R+V, ADVOCARD usw.) angebotenen erweiterten Straf-Rechtsschutz-Tarifen. Die entsprechenden Produkte heißen häufig Spezial-Straf-Rechtsschutz bzw. Straf-Spezial-Rechtsschutz.

Diese Tarife umfassen auch die Verteidigung gegen den Vorwurf von Vorsatzdelikten wie der Steuerhinterziehung. Übernommen werden die aus Sicht der Rechtsschutzversicherung angemessenen Rechtsanwaltskosten (auch Honorarvereinbarungen) für die Verteidigung des Versicherten im Steuerstrafverfahren. Sinnvoll ist es, sich bereits bei Auftragsannahme vorab die Angemessenheit des Stundensatzes von der Versicherung bestätigen zu lassen.

Die Versicherungsbedingungen der einzelnen Anbieter unterscheiden sich allerdings teilweise erheblich, da hier keine Standardisierung durch Musterbedingungen des GDV (Gesamtverband der Versicherer) gegeben ist.

Häufig gelten betragsmäßige Beschränkungen für einzelne Verfahrensabschnitte und Einschränkungen bei der Erstattung von Reisekosten. In ungünstig gelagerten Fällen können diese Beschränkungen zur Folge haben, dass trotz Vorliegen eines hochpreisigen Straf-Spezial-Rechtsschutzes eine effektive Verteidigung ohne eigene Leistungen des Versicherten nicht möglich ist.

Der Straf-Spezial-Rechtsschutz deckt teilweise auch Anwaltskosten für steuerrechtliche Verfahren ab, die der Unterstützung der Verteidigung in Straf- oder Bußgeldverfahren dienen oder darauf abzielen, diese zu verhindern. In solchen Situationen übernimmt die Rechtsschutzversicherung beispielsweise die Kosten für die anwaltliche Vertretung im Besteuerungsverfahren, das im Rahmen einer Betriebsprüfung initiiert wurde und zu einem Steuerstrafverfahren führte. Dies betrifft ebenso die Vertretung im Verfahren zur Änderung von Steuerbescheiden aufgrund des Vorwurfs der Steuerhinterziehung, einschließlich des Einspruchsverfahrens und des Verfahrens vor dem Finanzgericht. Auch die Kosten für die Vertretung in steuerlichen Haftungsverfahren können übernommen werden, beispielsweise wenn einem früheren Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft Steuerhinterziehung zum Vorteil der Gesellschaft vorgeworfen wird.

Manche Rechtsschutzversicherungen decken jedoch nur die „unterstützende Tätigkeit im Verwaltungsverfahren“. Das Besteuerungsverfahren ist hiervon (obwohl es ja ein Finanzverwaltungsverfahren ist) nicht umfasst.

Wichtig ist daher immer der Blick in die im Einzelfall vereinbarten Versicherungsbedingungen.

Wie heise.de am 08.02.2024 berichtet, werden am Flughafen Berlin Brandenburg BER seit dem vergangenen Wochenende vermehrt Reisende vom Zoll aufgegriffen, die bei der Rückkehr aus den USA ihre dort erworbene Apple Vision Pro nicht ordnungsgemäß anmelden. Dieses Mixed-Reality-Headset wird derzeit noch ausschließlich in den USA angeboten. Das Verteidigungsargument, man habe die Vision Pro bereits bei der Ausreise mit sich geführt, greift daher in keinem Fall. Der Zoll leitet daher gegen die Reisenden regelmäßig ein Strafverfahren wegen des Verdachts der versuchten Steuerhinterziehung ein.

Der Preis der Vision Pro beträgt aktuell 3.499 US-Dollar, für den Monat Februar 2024 ergibt dies nach der Wechselkurs-Datenbank des Zolls einen Zollwert von 3.208,62 Euro (dieser Wert kann höher ausfallen, sofern in den USA auf den Kaufpreis noch eine sog. Sales Tax, die von Bundesstaat zu Bundesstaat und teilweise auch von Stadt zu Stadt variiert, erhoben wird).

Mit diesem Zollwert werden die Wertgrenzen für einfuhrabgabenfreie Reisemitbringsel im Flugverkehr von 430 Euro bei Reisenden ab 15 Jahren bzw. 175 Euro bei Reisenden unter 15 Jahren deutlich überschritten. Auch eine vereinfachte Einfuhrabgabenberechnung für Reisemitbringsel im Wert bis zu 700 Euro scheidet danach aus.

Bei einem Zollwert der Apple Vision Pro von 3.208,62 Euro beträgt die Einfuhrumsatzsteuer 609,64 Euro. Diese Einfuhrabgabe müssen die Einführer des Headsets im Falle einer Kontrolle durch den Zoll im bzw. nach dem grünen Ausgang am Flughafen nachentrichten.

Damit wird der Grenzwert des sogenannten Schmuggelprivilegs nach § 32 ZollVG deutlich überschritten. Eine Nichtverfolgung der Steuerhinterziehung nach dieser Vorschrift kommt also nicht in Frage.

Daher hat der Versuch der Einfuhrabgabenhinterziehung auch regelmäßig strafrechtliche Konsequenzen. Nach der für den Zoll verbindlichen Dienstvorschrift für das Straf- und Bußgeldverfahren (Aufgabenwahrnehmung und Organisation) – StraBuDV – des Bundesfinanzministeriums dürfen Ersttäter hier allerdings auf eine Einstellung gegen eine Zahlungsauflage hoffen. Abhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Täters kann diese allerdings durchaus sehr hoch ausfallen.

Als eventuell noch belastender als das vom Zoll im Fall des Aufgriffs einzuleitende Steuerstrafverfahren dürfte von den Beschuldigten empfunden werden, dass die Vision Pro routinemäßig als Beweismittel im Strafverfahren (und daneben zur Sicherung der Einfuhrabgaben) sichergestellt wird. Die Herausgabe erfolgt häufig erst mit Abschluss des Strafverfahrens.

Folgende Darstellung von heise.de bedarf aus Sicht des Strafrechtlers kleiner Anmerkungen:

„Neben der Nachzahlung der Einfuhrumsatzsteuer droht eine Geldbuße und insbesondere die Einziehung des Gerätes. In Berlin bedeutet dies aufgrund des aktuell verzögerten Sachbearbeitungsstandes, dass die Vision Pro (gegebenenfalls samt Zubehör) gut ein Jahr lang in der Asservatenkammer liegen bleibt, während das Steuerstrafverfahren läuft. Das Headset kostet in den USA mindestens 3500 US-Dollar plus lokaler Umsatzsteuer (Sales Tax).“

Bei der Geldbuße handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der dem Ordnungswidrigkeitenverfahren (wie z.B. bei einem Parkverstoß) vorbehalten ist. Bei dem vom Zoll eingeleiteten Verfahren handelt es sich jedoch tatsächlich um ein Strafverfahren. Die Vision Pro wird (in aller Regel) auch nicht eingezogen, sondern nur sichergestellt. Bei einer Einziehung im Rechtssinne würde keine Herausgabe des Headsets nach Abschluss des Strafverfahrens erfolgen.

Nach meiner persönlichen Erfahrung lässt sich die Zeit bis zur Rückgabe sichergestellter Waren wie des Headsets durch ein entsprechendes Verteidigervorgehen – trotz des zutreffend beschriebenen Bearbeitungsrückstands beim Hauptzollamt Berlin – erheblich verkürzen.

Die Europäische Union hat die Sanktionen gegen die russische Diamantenindustrie ausgeweitet. Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2024/196 des Rates vom 21. Dezember 2023 wurden zum 03.01.2024 die Vermögen des größten russischen Diamantenherstellers, der PJSC Alrosa, sowie das Privatvermögen des Geschäftsführers Pawel Marinytschew in der EU eingefroren. Zudem gilt für den Geschäftsführer eine Einreisesperre in die EU. Zur Begründung führt der Rat der Europäischen Union an:

„Alrosa ist ein in Russland tätiges staatseigenes Unternehmen, das auf Exploration, Abbau, Produktion und Verkauf von Diamanten spezialisiert ist. Alrosa ist der weltweit größte Rohdiamantenproduzent. Die Diamantenindustrie ist als Quelle des wichtigsten nicht energetischen Exportartikels des Landes für die Wirtschaft der Russischen Föderation von strategischer Bedeutung. Auf Alrosa entfallen über 90 % der gesamten russischen Diamantenproduktion. Alrosa unterhält auch eine langjährige Partnerschaft mit den russischen Streitkräften, da das Unternehmen seit 1997 ein Unterseeboot der russischen Marine fördert. Alrosa ist somit in einem Bereich der Wirtschaft tätig, der der Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, als wichtige Einnahmequelle dient. Darüber hinaus leistet Alrosa der Regierung der Russischen Föderation materielle Unterstützung.“

Bereits mit der Verordnung (EU) 2023/2878 des Rates vom 18.12.2023 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen gegen Russland (Zwölftes Sanktionspaket) hatte die EU das Verbot der Ausfuhr russischer Diamanten nach Europa eingeführt.

Schätzungen zufolge nimmt Russland jährlich rund 3,7 bis 4,6 Milliarden Euro mit dem Diamantenhandel ein und gilt damit als weltweit größter Produzent von Rohdiamanten. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die EU knapp zwei Jahre gebraucht hat, um sich zu den nun eingeführten Sanktionen durchzuringen. In den USA wurden Diamanten zwar bereits kurz nach Ausbruch des Krieges sanktioniert, dort zeigten sich aber auch zugleich die Schwierigkeiten der Umsetzung der Regelungen. Denn der Weg der Ware Diamant zum Kunden ist weit, die Steine wechseln zwischenzeitlich vielfach den Besitzer. Dies erschwert die Ermittlung des Ursprungs der Waren bzw. erleichtert dessen Verschleierung.

Der Verstoß gegen die Sanktionen der EU ist in Deutschland im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) mit Strafen bedroht.

Das Zollstrafrecht ist ein Spezialgebiet eines Spezialgebiets. Es ist Teil des Steuerstrafrechts, welches wiederum Teil des allgemeinen Strafrechts ist. Entsprechend wenig ist den Generalisten unter den Strafverteidigern über die Rechtsgrundlagen und Eigenheiten des Zollstrafverfahrens bekannt.

Dessen ungeachtet bieten zahlreiche Rechtsanwälte ausdrücklich auch die Verteidigung in Verfahren wegen des Vorwurf der Zollhinterziehung auf ihren Internetseiten an. Aufgrund der mangelnden Spezialisierung enthalten diese Werbeauftritte allerdings teilweise gravierende Fehler. Für den zollstrafrechtlichen Laien können diese Fehler auf den ersten Blick marginal erscheinen, tatsächlich kann hiervon aber die Frage der Strafbarkeit abhängen. Zudem wird an den Fehlern erkennbar, dass grundlegende Wissens- und Verständnislücken im Zollstrafrecht bestehen. Ein falsches Wort verrät hier dem Zollbeamten, dass sein Gegenüber im Zollstrafrecht nicht sattelfest ist und sich daher aus Unkenntnis auf eigentlich inakzeptable Verfahrensabschlüsse einlassen wird.

Lesen Sie den vollständigen Artikel auf der Seite zum Steuerstrafrecht und Zollstrafrecht von Rechtsanwalt Torsten Hildebrandt.

Viele Strafjuristen haben Schwierigkeiten damit, die sich aus Schwarzlohn in bestimmter Höhe ergebenden verkürzten Sozialversicherungsbeiträge – den sogenannten Beitragsschaden – zu berechnen. Strafverteidiger, Staatsanwälte und Richter verlassen sich zu häufig auf die Berechnungen des Zolls bzw. der Deutschen Rentenversicherung und vergeben sich damit der Möglichkeit, die häufig vorhandenen Fehler zu erkennen.

Eine mathematische Besonderheit bei der Berechnung des Beitragsschadens aus einem bekannten Schwarzlohn, die für Juristen erfahrungsgemäß herausfordernd ist, folgt aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV. Danach gilt:

„Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.“

Der Schwarzlohn ist also als Nettolohn anzusehen. Die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge ist aber der Bruttolohn. Daher muss anhand der bekannten Beitragssätze aus dem Schwarzlohn (= Nettolohn) der Bruttolohn ermittelt werden.

SozialversicherungsbeitragArbeitnehmeranteil
Krankenversicherung (KV)(allgemeiner Beitragssatz) 14,6 %7,30 %
Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz 1,7 %0,85 %
Rentenversicherung – West (RV) 18,6 %9,3 %
Arbeitslosenversicherung – West (AV) 2,6 %1,3 %
Pflegeversicherung (PV) 4,0 % (kinderlos)2,3 %
Zwischensumme21,05
Lohnsteuer (Eingangssteuersatz Lohnsteuerklasse VI)14 %
Summe35,05 %

Da die Arbeitnehmerbeiträge und die Lohnsteuer 35,05 % des Bruttolohns ausmachen, beträgt der verbleibende Nettolohn (100 – 35,05 =) 64,95 % des Bruttolohns. Der Faktor zur Berechnung des Bruttolohns aus dem Nettolohn beträgt also ca. (100 /  64,95 =) 1,53964.

Wenn beispielsweise 1.000 Euro Schwarzlohn gezahlt wurden, sind die verkürzten Sozialversicherungsbeiträge aus einem Bruttolohn von 1.539,64 Euro wie folgt zu berechnen:

Arbeitnehmeranteil

BeitragsartBeitragssatzBetrag
KV7,30 %112,39 €
KV Zusatz0,85 %13,09 €
RV9,3 %143,19 €
AV1,3 %20,02 €
PV2,3 %35,41 €
 Summe324,09 €

Arbeitgeberanteil

BeitragsartBeitragssatzBetrag
KV7,30 %112,39 €
KV Zusatz0,85 %13,09 €
RV9,3 %143,19 €
AV1,3 %20,02 €
PV1,7 %26,17 €
 Summe314,86 €

Der Beitragsschaden einer Tat nach § 266a Abs. 1 StGB beträgt hier 324,09 Euro (Arbeitnehmeranteil), der Beitragsschaden einer Tat nach § 266a Abs. 2 StGB beträgt 314,86 Euro (Arbeitgeberanteil), in Summe also 638,95 Euro. Jeder Euro Schwarzlohn schlägt sich also in verkürzten Sozialversicherungsbeiträgen von ca. 64 Cent  nieder. Hieraus folgen die schnell sehr hohen Schadenssummen in Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB.

Daneben wäre im Beispiel von der Hinterziehung von Lohnsteuer in Höhe von 215,55 Euro auszugehen (vereinfachte Schadensberechnung ohne Progression, wie sie bei nicht einzeln ermittelbaren Schwarzarbeitnehmern Anwendung findet).

Ein Beitragsschaden von etwa 64 Prozent des gezahlten Schwarzlohns bietet in Strafverfahren wegen § 266a StGB einen ersten Orientierungswert, wenn etwa zunächst der Vorwurf der Verwendung von Scheinrechnungen in einem bestimmten Umfang im Raum steht. So kann nach Abzug von 10 Prozent „Provisionen“ von der Summe der Scheinrechnungen und Multiplikation des sich ergebenden Betrages mit 0,64 der im Raum stehende Beitragsschaden näherungsweise bestimmt werden. 

Rechtstipp auf Anwalt.de

Seit dem 01.01.2024 gilt der neue gesetzliche Mindestlohn von 12,41 Euro brutto pro Stunde. Damit hat sich der Mindestlohn von 8,50 Euro seit seiner Einführung zum 01.01.2015 um fast 4 Euro pro Stunde erhöht. Diese Erhöhung liegt deutlich über der Inflation.

Die Auswirkungen des Mindestlohns und seiner erheblichen Anhebung sind umstritten, vermehrte Versuche der Umgehung des Mindestlohns durch Unternehmen im Niedriglohnsektor erscheinen naheliegend und sind in der Praxis zu beobachten.

Das Nichtgewähren des Mindestlohns nach dem MiLoG als auch die bloße nicht rechtzeitige Zahlung des Mindestlohns werden nach § 21 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 3 MiLoG mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro belegt.

Ordnungswidrig handelt nach § 21 Abs. 2 MiLoG ferner, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags oben dargestellte Mindestlohnverstöße begeht. Hierdurch wird die Überwachung der Einhaltung des Mindestlohns von den Zollbehörden auf die Unternehmer verlagert.

Ebenfalls ordnungswidrig ist eine solche Beauftragung, wenn das beauftragte Unternehmen die Mindestlohnverstöße nicht selbst begeht, aber einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig wird, der Mindestlohnverstöße begeht. Der Kommentarliteratur ist hierzu zu entnehmen:

„Eine wortlautgetreue Anwendung dieses Bußgeldtatbestands auf jeden Auftraggeber, der Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang bestellt, würde vielfältige Dokumentations- und Überwachungsobliegenheiten mit sich bringen, die der Gesetzgeber des MiLoG nicht gewollt haben kann. Man wird daher § 21 II wie auch § 14 AEntG auf eine reine Generalunternehmerhaftung beschränken müssen.“ (ErfK/Franzen, 24. Aufl. 2024, MiLoG § 21 Rn. 1)

Auch die Verstöße nach § 21 Abs. 2 MiLoG werden mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro belegt (§ 21 Abs. 3 MiLoG).

Eine Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB folgt bei Mindestlohnverstößen (bei entsprechendem Vorsatz) geradezu automatisch. Maßgeblich für die Berechnung der vom Arbeitgeber anzumeldenden und abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge ist nicht das gezahlte und/oder vereinbarte Entgelt, sondern das geschuldete Entgelt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2012 – 5 StR 363/12 – unter Hinweis auf BSGE 93, 119).

Das geschuldete Entgelt ergibt sich hier aus dem MiLoG. Legt der Arbeitgeber seinen Meldungen und Zahlungen den niedrigeren vereinbarten und/oder gewährten Lohn zugrunde, erfüllt er zwangsläufig die Straftatbestände des § 266a Abs. 1 und 2 StGB. Denn er führt zu niedrige Arbeitnehmeranteile ab und macht gegenüber der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige – da zu niedrige – Angaben. Die Strafbarkeit hängt dann nur noch vom (bedingten) Vorsatz ab. Von dessen Vorliegen können sich Strafrichter in der Praxis allerdings in der Mehrzahl der Fälle leicht überzeugen.

Da Taten nach § 266a StGB regelmäßig über mehrere Meldezeiträume hinweg begangen werden, liegen mehrere Taten vor. Im Falle einer Verurteilung ist eine Gesamtstrafe zu bilden, der Strafrahmen reicht daher nach § 54 Abs. 2 S. 2 StGB bis zu 15 Jahren.

In vielen Fällen laufen das Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen eines Verstoßes gegen das MiLoG und das Strafverfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt parallel ab. Ersteres wird beim Hauptzollamt geführt (§§ 21 Abs. 4, 14 MiLoG), letzteres in der Regel bei der Staatsanwaltschaft (eine Ausnahme gilt seit 2019 nach § 14a SchwarzArbG für leichtere Fälle des § 266a StGB, die nunmehr auch durch die Hauptzollämter bearbeitet werden können). Die Behörden stimmen sich bei der Durchführung der beiden Verfahren – nach meiner persönlichen Erfahrung – grundsätzlich nicht ab, sodass in der Regel der mehr oder minder selbe Verstoß (die Unterschreitung des Mindestlohns mit den dargestellten geradezu automatischen Folgen) doppelt sanktioniert wird. Da die Bußgelder für Mindestlohnunterschreitungen den wirtschaftlichen Vorteil des Arbeitgebers abschöpfen sollen, erreichen sie schnell erhebliche Beträge. Sie übersteigen nach meiner praktischen Erfahrung in der Regel die Höhe der Geldstrafe, sofern eine solche für den Verstoß gegen § 266a StGB verhängt wird.

Zwar ist mit dem Bußgeld, im Gegensatz zur Geldstrafe, kein Verwerflichkeitsvorwurf verbunden. Dies lindert allerdings nicht die erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Sanktionierung aufgedeckter Mindestlohnverstöße. Jedoch wird von Gerichten im Straf- wie im Ordnungswidrigkeitenverfahren – im Falle eines Widerspruchs gegen den Bußgeldbescheides und eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl oder der Hauptverhandlung nach Anklageerhebung – das jeweils andere Verfahren und die dort verhängte Sanktion mildernd berücksichtigt. Unter Umständen kann es so zur Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und/oder Strafverfahrens kommen, weil die Sanktionierung des Verstoßes als insgesamt ausreichend angesehen wird.

Wer teure Urlaubsmitbringsel bei der Einreise nicht beim Zoll anmeldet, riskiert eine deutliche Erhöhung der Anschaffungskosten dieser Waren. Beispielhaft sei dies anhand des folgenden fiktiven Einkaufs in der Schweiz berechnet: Eine Damenhandtasche der Marke „Hermès“ zum Preis von umgerechnet 10.000 Euro, Sandalen derselben Marke zum Preis von 595 Euro, Pumps von „Christian Louboutin“ zum Kaufpreis umgerechnet 695 Euro, eine Damenbluse aus Baumwolle der Marke „Louis Vuitton“ zum Preis von umgerechnet 1.000 Euro und eine Uhr aus Edelmetall mit automatischem Aufzug der Marke „Audemars Piguet“ für umgerechnet 50.000 Euro. Die im Preis in der Schweiz enthaltene schweizerische Mehrwertsteuer wurde jeweils nicht erstattet.

Die Damenhandtasche der Marke „Hermès“ ist unter die Codenummer 4202 2100 10 0 in den Zolltarif einzureihen (Warenbeschreibung: Handtaschen, auch mit Schulterriemen, einschließlich solche ohne Handgriff; mit Außenseite aus Leder oder rekonstituiertem Leder; handgearbeitet). Der Drittlandszollsatz beträgt 3 Prozent. Die Einfuhrabgaben berechnen sich daher wie folgt:

Zollwert 10.000,00 €
Zoll EU3%300,00 €
EUSt-Wert 10.300,00 €
EUSt19%1.957,00 €
Summe Einfuhrabgaben2.257,00 €

Die Sandalen der Marke „Hermès“ sind unter die Codenummer 6403 5905 10 0 einzureihen (Warenbeschreibung: andere Schuhe, mit Laufsohlen aus Leder; andere; mit einer Hauptsohle aus Holz, ohne Innensohle; handgearbeitet). Der Drittlandszollsatz beträgt 8 Prozent. Die Einfuhrabgaben berechnen sich daher wie folgt:

Zollwert 595,00 €
Zoll EU8%47,60 €
EUSt-Wert 642,60 €
EUSt19%122,09 €
Summe Einfuhrabgaben169,69 €

Die Pumps von „Christian Louboutin“ sind unter die Codenummer 6403 5999 00 0 einzureihen (Warenbeschreibung: andere Schuhe, mit Laufsohlen aus Leder; andere; andere; andere, mit einer Länge der Innensohle von 24 cm oder mehr; für Frauen). Der Drittlandszollsatz beträgt 8 Prozent. Die Einfuhrabgaben berechnen sich daher wie folgt:

Zollwert 695,00 €
Zoll EU8%55,60 €
EUSt-Wert 750,60 €
EUSt19%142,61 €
Summe Einfuhrabgaben198,21 €

Die Damenbluse aus Baumwolle der Marke „Louis Vuitton“ ist unter die Codenummer 6206 3000 90 0 einzureihen (Warenbeschreibung: Blusen und Hemdblusen, für Frauen oder Mädchen; aus Baumwolle; andere). Der Drittlandszollsatz beträgt 12 Prozent. Die Einfuhrabgaben berechnen sich daher wie folgt:

Zollwert 1.000,00 €
Zoll EU12%120,00 €
EUSt-Wert 1.120,00 €
EUSt19%212,80 €
Summe Einfuhrabgaben332,80 €

Die Uhr aus Edelmetall mit automatischem Aufzug der Marke „Audemars Piguet“ ist unter die Codenummer 9101 2100 00 0. einzureihen (Warenbeschreibung: Armbanduhren, Taschenuhren und ähnliche Uhren (einschließlich Stoppuhren vom gleichen Typ), mit Gehäuse aus Edelmetallen oder Edelmetallplattierungen; andere Armbanduhren, auch mit Stoppeinrichtung; mit automatischem Aufzug). Der Drittlandszollsatz beträgt „4,5% mindestens 0,3 EURO Anzahl Stück höchstens 0,8 EURO Anzahl Stück“. Die Einfuhrabgaben berechnen sich daher wie folgt:

Zollwert 50.000,00 €
Zoll EU0,80 €0,80 €
EUSt-Wert 50.000,80 €
EUSt19%9.500,15 €
Summe Einfuhrabgaben9.500,95 €

Insgesamt fallen daher folgende Einfuhrabgaben an:

Damenhandtasche Hermès2.257,00 €
Sandalen Hermès169,69 €
Pumps Christian Louboutin198,21 €
Damenbluse Louis Vuitton332,80 €
Uhr Audemars Piguet9.500,95 €
Summe12.458,66 €

Wer diese Waren bei der Einreise nicht anmeldet und in oder nach dem grünen Ausgang von Zollbeamten aufgegriffen wird, muss mit einer Geldstrafe von etwa 225 Tagessätzen rechnen. Diese Strafhöhe ergibt sich aus der internen Dienstvorschrift des Zolls. Der als Strafe zu bezahlende Betrag ergibt sich aus der Multiplikation dieser Tagessatzzahl mit dem individuellen Tagessatz des Beschuldigten, der abhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist. Ausgehend von einem strafrechtlichen Nettoeinkommen (nicht zu verwechseln mit dem Nettoeinkommen nach steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben) von monatlich 10.000 Euro würde sich hier eine Geldstrafe von 75.000 Euro ergeben (10.000 Euro geteilt durch 30 Tage ergibt einen einzelnen Tagessatz von 333,33 Euro, der mit der Tagessatzzahl von 225 zu multiplizieren ist).

Bei einem höheren Einkommen erhöht sich diese Geldstrafe entsprechend. So musste Michael Ballack laut Presseberichten für die Hinterziehung von 350 Euro (!) Einfuhrumsatzsteuer und Zoll eine Auflage von 70.000 Euro zahlen, um sein Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht Landshut (zuständig für Zollvergehen am Flughafen München) zur Einstellung zu bringen.

Karl-Heinz Rummenigge soll eine Geldstrafe  von 140 Tagessätzen á 1.785 Euro, insgesamt 249.900 Euro für die nicht erklärte Einfuhr von zwei Luxusuhren – ebenfalls vom Amtsgericht Landshut – auferlegt bekommen haben.

Oliver Kahn soll laut Süddeutscher Zeitung vom Amtsgericht Landshut zu einer Geldstrafe von 125.000 Euro verurteilt worden sein, weil er mit Luxusbekleidung im Wert von 6.687,96 Euro nach der Einreise aus Dubai im Flughafen München den grünen Ausgang benutzte und die Waren nicht beim Zoll anmeldete. Im Rahmen der Nachkontrolle ergab sich die Verkürzung von Einfuhrabgaben in Höhe von 2.119,04 Euro. Die Geldstrafe wurde auf den Einspruch des Angeklagten hin von ursprünglich 350.000 Euro auf 50 Tagessätze von je 2500 reduziert. Offenbar hatte das Hauptzollamt im Strafbefehlsantrag eine zu hohe Schätzung des Einkommens des Beschuldigten zugrunde gelegt.

Ebenfalls hohe Auflagen bzw. Geldstrafen könnten weitere Fußballer wie Joo-Ho Park, Lewis Holtby, Florian Wirtz und Shkodran Mustafi erhalten haben, denen der Zoll laut Presseberichten ebenfalls Zollverstöße zum Vorwurf gemacht haben soll.

Die Strafe im obigen Beispielsfall würde die Summe der Warenwerte von 62.290,00  Euro übersteigen und wäre zusätzlich zu den nachzuerhebenden Einfuhrabgaben von 12.458,66 Euro zu bezahlen.

Nicht berufen könnte sich der Beschuldigte darauf, er habe die Bedeutung des roten bzw. grünen Ausgangs nicht gekannt. Das letzte Mal erfolgreich angewandt werden konnte diese Verteidigungsstrategie im Jahr 1979 vor dem hessischen Finanzgericht (Urt. v. 14.02.1979 – VII 153/78). Zwischenzeitlich wollte ein Hauptzollamt mittels einer Beschwerde die Frage geklärt wissen, ob die Benutzung des grünen Ausgangs zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung führe. Der Bundesfinanzhof (Urt. v. 16.03.2007 – VII B 21/06) hielt diese Frage für nicht klärungsbedürftig.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sei es klar und eindeutig und bedürfte folglich nicht der Klärung, dass ein Reisender sich über die Bedeutung des roten und des grünen Ausgangs an den Flughäfen Kenntnis verschaffen müsse, wenn er diese Kenntnis nicht bereits besitze. Tue er dies nicht und benutze er den grünen Ausgang in der Annahme, die von ihm erwarteten zollrechtlichen Erklärungen bei oder sogar noch nach Durchschreiten dieses Ausgangs abgeben zu können, beginge er im Allgemeinen eine zumindest leichtfertige Steuerverkürzung. Ein Reisender mit wenigstens durchschnittlicher Auffassungsgabe bemerke jedoch die entsprechenden Hinweise an den betreffenden Ausgängen und begreife deren Bedeutung. Danach ist beim Schmuggel im Reiseverkehr nach Auffassung des BFH in aller Regel von einer zumindest versuchten Steuerhinterziehung auszugehen.

Dies mag zutreffen, die „Compliance“ der Reisenden dürfte sich allerdings durch eine Aufklärung über die drastischen Konsequenzen eines entdeckten Reiseschmuggels noch weiter erhöhen. Denn in aller Regel fallen die Betroffenen aus allen Wolken, wenn ihnen die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens eröffnet wird. Der zweite Schock folgt häufig dann, wenn sie erfahren, wie hoch die Strafen bzw. Auflagen in diesem Deliktsbereich ausfallen. Ein dritter Schock kann folgen, da jede Verurteilung wegen Steuerhinterziehung faktisch ein unbeschränktes Einreiseverbot in die USA nach sich zieht (eine häufig unbekannte außerstrafrechtliche Folge). Je nach beruflicher Ausrichtung kann allein dies existenzvernichtend sein.

Mit Bescheid aus dem November 2023 hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) gegen eine Zahlungsauflage von 16.000 Euro eingestellt. Maßgebliche Bedeutung für die Entscheidung der Staatsanwaltschaft hatte hierbei, dass der Täter den angeblichen Beitragsschaden durch eine entsprechende Zahlung an die Krankenkassen (Einzugsstellen der Sozialversicherung) ausgeglichen hatte. Der „apokryphe Einstellungsgrund“ der schwierigen Beweislage war – jedenfalls aus Sicht der Staatsanwaltschaft – nicht gegeben.

Die Höhe der Auflage von 16.000 Euro bewegte sich mit ca. 20 Prozent des vorgeworfenen Beitragsschadens im bei der Staatsanwaltschaft Hamburg üblichen Bereich. Bemerkenswert ist die erhebliche Abweichung von den in Hamburg kursierenden Leitlinien für die Strafzumessung in Wirtschaftsstrafsachen, nach denen eine Einstellung gegen Auflage (§ 153a StPO) nur bei verkürzten Sozialversicherungsbeiträgen bis etwa 1.000 Euro in Betracht kommen soll. Derart niedrige Einstellungsgrenzen entsprechen allerdings – insbesondere in Hamburg und Berlin – längst nicht mehr der gängigen Praxis.

Selbst die für ein sehr rigides Sanktionsregime bekannten Zollbehörden stellen Verfahren mit höheren Beitragsschäden ein, sofern sie nach § 14a des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) Strafverfahren wegen Verstößen gegen § 266a StGB selbständig durchführen. Beispielsweise wurde (ebenfalls im Jahr 2023) ein Strafverfahren des Hauptzollamts Berlin bei einem Beitragsschaden von ca. 7.400 Euro – nach Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge – gegen eine Zahlung einer Auflage in Höhe von ca. 25 Prozent des Beitragsschadens eingestellt.

Bemerkenswert ist hierbei, dass bei der Hinterziehung von Einfuhrabgaben die Grenze für eine Einstellung nach § 153a StPO deutlich niedriger liegt, obgleich hier grundsätzlich ebenfalls die Hauptzollämter als Verfolgungsbehörden zuständig sind. So kommt etwa bei der Straf- und Bußgeldsachenstelle des HZA Augsburg (zuständig für den Flughafen München) eine Einstellung in der Regel nur bei einem Steuerschaden bis zu 2.000 Euro in Betracht. Strafzumessungsrechtlich wiegt ein Steuerschaden jedoch nicht per se schwerer als ein sozialversicherungsrechtlicher Beitragsschaden, die unterschiedliche Sanktionspraxis ist vielmehr auf die (für Verfahren nach § 14a SchwarzArbG noch fehlenden) Dienstvorschriften des Zolls zurückzuführen.

Verordnung (EU) 2023/2878 des Rates vom 18.12.2023 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen gegen Russland

Die EU-Mitgliedstaaten haben die Sanktionen gegen Russland mit Wirkung ab dem 19. Dezember 2023 erneut verschärft. Kern des neuen Sanktionspakets sind neue Ein- und Ausfuhrverbote, etwa das Verbot der Ausfuhr russischer Diamanten nach Europa. Ferner werden die Einsatzmöglichkeiten von Tankschiffen zur Umgehung der Ölpreisobergrenze stärker überwacht. Damit kann die Obergrenze strikter durchgesetzt werden.

Die Pflichten im Zusammenhang mit dem Aufspüren von Vermögenswerten werden verschärft und Maßnahmen gegen Unternehmen aus Dritt-Staaten ergriffen, die Sanktionen umgehen. Schließlich wird die Sanktionsliste erweitert, Vermögenswerte von über 140 weiteren natürlichen und juristischen Personen werden eingefroren.

Schwerpunkte des 12. Sanktionspaketes sind:

  • Einfuhrbeschränkungen für in Russland abgebaute, verarbeitete oder hergestellte Diamanten (ausgenommen Industriediamanten). Die vorgeschlagenen Sanktionen sind Teil des international abgestimmten Diamantenverbots durch die G7-Staaten mit dem Ziel, Russland diese wichtige Einnahmequelle in Höhe von schätzungsweise 4 Milliarden Euro pro Jahr zu entziehen. Alle G7-Mitglieder werden spätestens ab dem 1. Januar 2024 ein direktes Verbot von aus Russland ausgeführten Diamanten umsetzen. Am 1. März 2024 tritt ein Verbot von in Drittländern polierten russischen Diamanten in Kraft, und am 1. September 2024 wird das Verbot auf Labordiamanten und mit Diamanten besetzte Schmuckwaren und Uhren ausgeweitet. Um die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu erhöhen, wird innerhalb der G7 ein robustes, auf Rückverfolgbarkeit beruhendes Überprüfungs- und Zertifizierungssystem für Rohdiamanten eingerichtet.
  • Einfuhrverbote für Rohstoffe für die Stahlerzeugung, verarbeitete Aluminiumerzeugnisse und andere Metallwaren.
  • Zusätzliche Ausfuhrbeschränkungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck und fortgeschrittene Technologie- und Industriegüter im Wert von jährlich 2,3 Milliarden Euro.
  • Neue Ausfuhrverbote für Industriegüter aus der EU, die den industriellen Sektor Russlands weiter schwächen sollen und u. a. Maschinen und Maschinenteile, Baugüter, verarbeiteten Stahl, Kupfer- und Aluminiumerzeugnisse, Laser und Batterien betreffen.
  • Aufnahme von 29 juristischen Personen aus Russland und Drittländern in die Liste der Stellen, die mit dem russischen militärisch-industriellen Komplex in Verbindung stehen (einschließlich in Usbekistan und Singapur registrierter juristischer Personen).
  • Verbot der Bereitstellung von Unternehmens- und Designsoftware an die russische Regierung oder russische Unternehmen mit dem Ziel, die Kapazitäten der russischen Industrie weiter zu schwächen.

Die durch das Außenwirtschaftsgesetz strafrechtlich flankierten Verbote und Beschränkungen sind ab sofort zu beachten.