Scheinrechnungen und Schwarzarbeit
Im geschäftlichen Verkehr wird gelegentlich die Bitte geäußert, eine Rechnung auf einen anderen als den tatsächlichen Leistungsempfänger auszustellen. Die so angepasste Rechnung soll in der Regel dazu dienen, private Ausgaben als betrieblich veranlasst darzustellen. Es empfiehlt sich, einer solchen Bitte nicht nachzukommen. Denn wer Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind, und dadurch eine Steuerverkürzung ermöglicht, handelt ordnungswidrig (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung). Ist der sogenannten doppelte Gehilfenvorsatz nachweisbar, ist auch an eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Rechnungsempfängers zu denken.
Ähnlich formuliert wie die o. a. Norm der Abgabenordnung ist § 8 Abs. 4 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG). Danach handelt ordnungswidrig, wer „einen Beleg ausstellt, der in tatsächlicher Hinsicht nicht richtig ist und das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung vorspiegelt“ und dadurch Schwarzarbeit ermöglicht. Auch hier kann bei entsprechendem Vorsatz eine Strafbarkeit wegen Beihilfe, und zwar zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a des Strafgesetzbuchs (§ 266a StGB, „Schwarzarbeit“), in Betracht kommen.
Denn insbesondere in der Baubranche ist der Verkauf von nicht leistungsunterlegten Scheinrechnungen weit verbreitet. Sogenannte Serviceunternehmen (häufig bloße Briefkastenfirmen) werden teilweise einzig zu dem Zweck gegründet, Rechnungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen auszustellen. Diese Rechnungen werden von tatsächlich am Markt tätigen Unternehmen aus mehreren Gründen gekauft. Zum einen werden die abgerechneten Beträge als Betriebsausgaben gewinnmindernd geltend gemacht. Zum anderen wird über die Rechnungen Schwarzgeld generiert, mit dem Schwarzlöhne gezahlt wird. Denn nach der Bezahlung der Rechnung an das Serviceunternehmen (mittlerweile zumeist per Überweisung) wird der größte Teil des gezahlten Betrages von einem in der Hierarchie des Serviceunternehmens eher tief stehenden Boten bei der kontoführenden Bank in bar abgehoben und dem Rechnungskäufer wieder ausgehändigt.
Zahlt der Rechnungskäufer damit die Schwarzlöhne seiner Beschäftigten, handelt es sich hierbei steuerstrafrechtlich besehen grundsätzlich um Betriebsausgaben (vgl. hierzu die Beschlüsse des BGH vom 05.09.2019 – 1 StR 12/19 und 24.07.2019 – 1 StR 44/19 einerseits und den Beschluss vom 06.08.2020 – 1 StR 198/20 andererseits). Umsatzsteuerlich sind die Rechnungen in der Baubranche aufgrund der Steuerschuldnerschaft des Rechnungsempfängers nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) regelmäßig neutral. Die größten strafrechtlichen Probleme erwachsen hier aus dem Nichtanmelden und Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen. Diese betragen regelmäßig etwa 60 Prozent des Schwarzlohnes und erreichen so schnell ganz erhebliche Höhen.