„Ungenügend“ und „unterirdisch“: Das Recht auf ein korrektes Arbeitszeugnis (LAG Baden-Württemberg Urteil vom 31.05.2023, 4 Sa 54/22)

In der Arbeitswelt ist das Arbeitszeugnis ein entscheidendes Dokument. Es spiegelt nicht nur die Dauer und Art der Tätigkeit eines Arbeitnehmers wider, sondern auch dessen Leistung und Verhalten. Doch was passiert, wenn ein Arbeitgeber ein unzureichendes oder gar schädigendes Zeugnis ausstellt? Hat der Arbeitnehmer das Recht, eine Berichtigung zu verlangen, selbst Jahre nach Erhalt des Zeugnisses?

Ein kürzlich vom LAG Baden-Württemberg entschiedener Fall beleuchtet diese Frage. Ein Arbeitnehmer, der sein Arbeitszeugnis als „unterirdisch“ bezeichnete, kämpfte um sein Recht auf ein korrektes Zeugnis. Trotz der Tatsache, dass zwei Jahre seit der Ausstellung des Zeugnisses vergangen waren, entschied das LAG, dass der Zeugnisanspruch nicht verwirkt war.

Der Fall im Detail

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis und erhielt ein Zeugnis, das er als „völlig inakzeptabel“ bezeichnete. Ein nachfolgendes Zeugnis enthielt negative Bewertungen, die der Kläger erneut bemängelte. Das Arbeitsgericht Stuttgart wies seine Klage auf Berichtigung des Zeugnisses ab, doch das LAG Baden-Württemberg sah dies anders (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2023&nr=38914&pos=0&anz=16) .

Das LAG betonte, dass Arbeitnehmer das Recht haben, eine Berichtigung oder Ergänzung ihres Arbeitszeugnisses zu verlangen, wenn es den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht. Dieses Recht kann „verwirken“, d.h. verloren gehen, wenn es über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wird. Im vorliegenden Fall war das „Zeitmoment“ gegeben, da zwei Jahre vergangen waren. Doch das LAG entschied, dass kein „Umstandsmoment“ vorlag, da der Arbeitgeber das Zeugnis absichtlich unzureichend gestaltet hatte.

Was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Diese Entscheidung hat weitreichende Implikationen. Arbeitgeber müssen nun vorsichtiger sein und sicherstellen, dass sie Arbeitszeugnisse korrekt und fair ausstellen. Ein unzureichendes Zeugnis kann nicht nur zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, sondern auch zu Schadensersatzansprüchen.

Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie ihre Rechte kennen und verteidigen sollten. Ein Arbeitszeugnis hat einen erheblichen Einfluss auf zukünftige Karrieremöglichkeiten, und es ist wichtig, sicherzustellen, dass es korrekt und repräsentativ ist.

Das Arbeitszeugnis ist mehr als nur ein Stück Papier. Es ist ein Spiegelbild der beruflichen Laufbahn eines Arbeitnehmers und kann Türen öffnen oder schließen. Es ist daher von größter Bedeutung, dass es korrekt und fair ist. Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung eines korrekten Arbeitszeugnisses und erinnert Arbeitgeber daran, ihre Pflichten ernst zu nehmen und Arbeitnehmer daran, dass es rechtliche Möglichkeiten gibt, sich gegen absichtlich unzureichende Arbeitszeugnisse erfolgreich zur Wehr zu setzen.