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Durch Gesetz oder letztwillige Verfügung berufene Erben können die Erbschaft ausschlagen. Dies hat die Konsequenz, dass sie für den Erbfall als nicht existent betrachtet werden (§§ 1942 ff, 1953 Abs.2 BGB).

Die Ausschlagung kann auch das Ziel haben, den Nachlass einem dadurch zum Erben Berufenen ohne Umweg zuzuwenden.

Dabei ist allerdings größte Sorgfalt und höchste Vorsicht geboten.

Der Fall

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 22.03.2023 – IV ZB 12/22 – entschieden, dass ein Irrtum über die durch die Ausschlagung zu Erben werdenden Personen eine Anfechtung der Ausschlagungserklärung nicht rechtfertigen kann. Dabei handele es sich um einen rechtlich bedeutungslosen Irrtum (juristisch Motivirrtum), der die Wirkungen der Ausschlagung nicht mehr beseitigen könne.

Im konkreten Fall ging es darum, dass die Ausschlagung der Erbschaft durch die Abkömmlinge (geplant zugunsten ihrer Mutter, der Witwe des Erblassers) andere gesetzliche Erben, nämlich Geschwister des Erblassers als weitere gesetzliche Erben neben der Witwe an der Erbschaft partizipierten.

Die – nach dieser Entscheidung rechtlich nicht mehr zu beseitigende – Ausschlagung begünstigte also nicht nur die Witwe des Erblassers, sondern – von den Ausschlagenden unbeabsichtigt – die möglicherweise bis dahin nicht einmal bekannte Verwandtschaft des Erblassers. Nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB erhalten diese – je nach Güterstand des Erblassers – zumindest ¼ der Erbschaft!

Folgen der Entscheidung

Der Versuch einer lenkenden Ausschlagung kann immer dazu führen, dass bisher unbekannte Erben, Verwandte, nicht „geoffenbarte“ Kinder auftauchen. Diese Risiken und die möglicherweise mit anderen Formen der Erbteilszuwendung verbundenen Nachteile können nur dann sicher umgangen werden, wenn die gewünschten Rechtsfolgen des Erbfalls rechtzeitig vorher durch letztwillige Verfügung geregelt werden.